Zusammenfassung
In ihrer Studie mit dem Originaltitel „Clinical, neuroradiological and genetic findings in pontocerebellar hypoplasia“ von 2011 zeigen Namavar et al. den Zusammenhang zwischen genetischen Befunden einerseits und Gehirnveränderungen in der Bildgebung und Symptomen von Patienten mit pontocerebellärer Hypoplasie andererseits, auf.
Hintergrund
Zuvor war bereits bekannt, dass Veränderungen in gewissen Genen im Zusammenhang mit einzelnen Formen der pontocerebellären Hypoplasie stehen.
So wusste man bereits, dass Veränderungen in den TSEN-Genen (TSEN54, TSEN34, TSEN2) zu PCH2 und PCH4 führen.
(TSEN = TRNA Splicing Endonuclease Subunit = tRNA Spleißendonukleasekomplex)
Durchführung
Eine Gruppe von 169 Patienten mit klinischer pontocerebellärer Hypoplasie wurde genetisch untersucht. Bei 106 Patienten zeigten sich Veränderungen (Mutationen) in einem der TSEN-Gene oder im RARS2- Gen. Um aufzuzeigen, inwieweit die Ausprägung der Erkrankung, also die Auffälligkeiten in der Bildgebung und die Symptome, mit den genetischen Veränderungen zusammenhängen, wurde nun die Gruppe der 106 Patienten mit genetischen Auffälligkeiten mit der Gruppe der 63 Patienten verglichen, welche zwar klinisch eine pontocerebelläre Hypoplasie zeigten, allerdings keine Auffälligkeiten in o.g. Genen aufwiesen.
Ergebnisse
Namavar et al. konnten eine starke Korrelation zwischen der TSEN54 Mutation und einer dragon-fly (Libellen) ähnlichen Form des Kleinhirns im MRT feststellen. Das Kleinhirn der Betroffenen zeigte sich in der Bildgebung flach und stark größenvermindert. Dies betraf hauptsächlich die beiden Hälften des Kleinhirns (Hemisphären), wobei der wurmartige mittige Abschnitt (Vermis) weniger betroffen erschien.
Klinisch zeigten sich bei den Patientinnen und Patienten mit der TSEN54 Mutation eine Dyskinesie und/ oder Dystonie und unterschiedliche Ausprägungen einer Spastik, vereinzelt auch eine reine generalisierte Spastik. Des Weiteren fanden sich in dieser Gruppe eine Irritabilität nach der Geburt, eine zentrale Sehbehinderung und eine starke motorische und kognitive Beeinträchtigung. Dies entspricht einer PCH2.
Schwerere TSEN-Mutationen führten zu frühem Tod der betroffenen Kinder, Kontrakturen, einem Polyhydramnion (zu viel Fruchtwasser in der Schwangerschaft) und Beatmungsproblemen. Zusammen mit den MRT-Befunden, bei denen sich eine schwere Unreife der Hirnrinde (Kortex) zeigte, entspricht dies einer PCH4.
Fazit
Die Daten der Studie belegten, dass die PCH2 und die PCH4 auf ein gemeinsames Spektrum an Mutationen zurückzuführen sind, die hauptsächlich TSEN54 betreffen.
Durch die, in der Studie herausgefundene starke Korrelation zwischen genetischen (Genotyp), klinischen (Phänotyp) und radiologischen Befunden, wird eine frühzeitige klinische Diagnosestellung erleichtert und die Bedeutung genetischer Tests unterstrichen.
Komplette Studie lesen
Hier finden Sie die Originalstudie auf Englisch: